Landesverband der Freien und Unabhängigen

in der Kataster- und Vermessungsverwaltung in Rheinland-Pfalz e. V.

Brief an den Staatsminister Roger Lewentz

Reform der Vermessungs- und Katasterverwaltung

Sehr geehrter Herr Lewentz,

die Standort bezogene Umsetzung der Reform unserer Verwaltung fand im letzten Jahr durch die Schließung des Dienstortes Wissen einen Abschluss. In diesem Zusammenhang ist es, aus Sicht unseres Berufsverbandes, erforderlich, auf die Auswirkungen und Veränderungen einzugehen und hierzu Stellung zu nehmen.

Lassen Sie uns zunächst auf die Zahlen des Landeshaushalts zurückgreifen. Die Vergleichsgrundlage bilden die Haushaltsansätze aus den Jahren 2011 und 2016. Die Gesamtausgaben der Vermessungs- und Katasterverwaltung beziffern sich im Jahr 2011 auf 81,1 Mio. €. Die Einnahmen erreichten 15,0 Mio. €. Die sich daraus ergebenden Gesamtkosten betrugen 2011 damit 61,5 Mio. €. 2016 summierten sich die Gesamtausgaben auf 61,5 Mio. €. Demgegenüber standen 16,1 Mio. € Einnahmen. Die Gesamtausgaben erreichten eine Höhe von 45,4 Mio. €. Die Einnahmen stiegen um 7,3 %, die Ausgaben wurden um 24,2 % gesenkt.

Die Zahlen der Jahre 2011 und 2016 zu den etatmäßigen Stellen der Vermessungs- und Katasterverwaltung im Landeshaushalt bilden auch hier die Basis für die zahlenmäßige Auswirkung der Reform. So hatte unsere Verwaltung im Jahr 2011 noch 1.830 Stellen (1.267 Beamte, 863 Beschäftigte), 2016 nur noch insgesamt 1.277Stellen, verteilt auf 883 Beamte und 394 Beschäftigte. In diesem Zeitraum wurden somit 30,2 % der Stellen (30,3 % Beamte, 30 % Beschäftigte) eingespart. Die Zahlen belegen die einschneidenden Auswirkungen, insbesondere im Bereich der Stellensituation. Weitere Einsparungen an Investitionen und an qualifizierten Personal in der Vermessungs- und Katasterverwaltung sind nicht hinnehmbar.

In diesem Zusammenhang darf ich auf die erhebliche Arbeitsverdichtung hinweisen, die durch den Reform geschuldeten einstweiligen Ruhestand von 300 erfahrenen Beamtinnen und Beamten ab dem 01.10.2012 entstand. Die Auswirkungen des Personalabgangs in Bezug auf die angesprochene Arbeitsverdichtung sind bis heute noch nicht vollends kompensiert. Das zeigt auch die unseres Erachtens ansteigende Zahl der Versetzungen in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen. Zu viel Missmut führte auch der Umstand, dass für die Beschäftigten keine vergleichbare Regelung gefunden wurde, eine Reform bedingte Verrentung in Anspruch nehmen zu können.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vermessungs- und Katasterverwaltung sind durch die Arbeitsverdichtung an ihre Grenzen gekommen.

Im Zuge der Reform wurden neue Arbeitsformen und -modelle eingeführt, die nachweislich zu Verbesserungen geführt haben. Auf das bekannte Raumkonzept (12 Dienstorte der Vermessungs- und Katasterämter, 2 Dienstorte des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation) wurden 300 alternierende Telearbeitsplätze vorgesehen. Diese maximale Anzahl ist noch nicht erreicht (zur Zeit ca. 190 Arbeitsplätze). Nach drei Jahren Erfahrung wird die Einführung dieser Arbeitsform von der Personalvertretung als sehr erfolgreich eingestuft. Auch die mit der Einführung einhergehenden Verbesserungen in der Arbeitsorganisation sorgten für einen weiteren Fortschritt. Die angestoßene Evaluierung, deren Ergebnisse in Kürze erwartet werden, sollten diese positive Einschätzung bestätigen.

Die Attraktivität unserer Verwaltung ist durch die Einführung des Modells der alternierenden Telearbeit gestiegen. Die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für junge Familien, für die Pflege und Betreuung von Angehörigen, sowie für zukünftig geplante Modelle für ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben Pilotcharakter für andere rheinland – pfälzische Verwaltungen.

Durch den Wegfall von Dienstorten und die damit einhergehende wesentliche Vergrößerung des Zuständigkeitsbereichs der einzelnen Vermessungs- und Katasterämter wurden die Anfahrtswege für die Bediensteten zu den Messstellen vor Ort sehr viel Zeit aufwändiger und die zu fahrenden Kilometer immer höher. Mit der Einführung der flexiblen Sammelstellen für den Außendienst konnte eine sehr gute, der Verwaltung und den Beschäftigten zu Gute kommende, Regelung gefunden werden. Die Belastung der Kolleginnen und Kollegen durch lange Anfahrtswege und der wirtschaftliche Aspekt (eingesparte Kilometer und überlange Fahrzeiten) konnten dadurch aufgefangen werden. Eine klassische Win/Win Situation. An weiteren Verbesserungen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit u.a. muss gearbeitet werden.

Die Umsetzung des politischen Willens, zu den festen Dienstorten der Vermessungs- und Katasterverwaltung insgesamt acht externe Servicestellen einzurichten, ist unseres Erachtens sehr erfolgreich. Bürgerinnen und Bürger nutzen die Einrichtungen, um qualifizierte Serviceleistungen und Auskünfte aus allen Fachbereichen unserer Verwaltung zu erhalten. Die Vermessungs- und Katasterverwaltung zeigt Präsens in der Fläche und es bilden sich Synergieeffekte mit anderen Verwaltungen. Nicht zuletzt sollte der sozialverträgliche Aspekt für die Kolleginnen und Kollegen in den Servicestellen im Fokus stehen. Die Gesamtkosten in Höhe von ca. 40.000 € für die acht externen Servicestellen pro Jahr stellen die Wirtschaftlichkeit keineswegs in Frage.

Die Vermessungs- und Katasterverwaltung als moderne und zukunftsorientierte Verwaltung hat, mit der Einführung der externen Servicestellen, einen guten Weg eingeschlagen, der weiteres Potential birgt. In diesem Zusammenhang sollte auch die Liberalisierung der Arbeitszeitverordnung genannt werden, die ebenfalls zu erheblichen Verbesserungen in den dienstlichen Abläufen führte. Die damit einhergehende höhere Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter führte letztendlich zu einer höheren Arbeitszufriedenheit und Motivation. Natürlich fordern die optimale Umsetzung vorgenannter Maßnahmen und Abläufe moderne Führungsstrukturen, die Eigenverantwortlichkeit fördern statt behindern.

Als die Reform bedingten Schließungen von mehreren Dienststellen bekannt gegeben wurden, kam es aus dem Kollegenkreis zu Recht zu Protesten. Mittlerweile sind fünf Jahre vergangen. Die sechs Amtsbezirke mit zwölf Dienstorten sowie die beiden Dienstorte des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation haben sich etabliert. Die Unterhaltung der Dienstgebäude stellen einen geringen Kostenfaktor im Vergleich zu den Gesamtkosten dar. Dieses Konstrukt hat sich bewährt und bildet eine leistungsfähige Verwaltungsstruktur ab. Daran sollte nicht gerüttelt werden. Auch die vorgesehenen 300 alternierenden Telearbeitsplätze, deren Kapazität noch nicht ausgeschöpft ist, gefährden die Dienstorte nicht, da sie auf das bestehende Raumkonzept konzipiert und ausgelegt wurden. Damit werden Arbeitsplätze in der Fläche unseres Bundeslandes erhalten und weiter gefördert.

Die Mitarbeiterbefragung, deren Ergebnisse hinlänglich bekannt sind, ergab, dass ein nicht unerheblicher Teil unserer Führungskräfte mit unbefriedigenden Ergebnissen abschnitten. Viele Kolleginnen und Kollegen bemängelten einen nicht zufrieden stellenden Führungsstil. Die aktuelle Aufstellung der Vermessungs- und Katasterverwaltung erfordert neue nachhaltige Führungsmodelle. Gerade wegen der vielfältigen Arbeitsformen (alternierende Telearbeit, externe Servicestellen, flexible Außendienstsammelstellen, Liberalisierung der Arbeitszeitverordnung u.a.) sind Führungskräfte, die durch einen autoritären Führungsstil geprägt wurden, im Nachteil. Das ist beispielsweise einer der massivsten Kritikpunkte, die sich aus den Ergebnissen der Mitarbeiterbefragung herauslesen lassen.

Die Einführung einer dritten Hierarchiestufe (Fachgruppen, Fachbereiche) wurde zu Beginn der Reform von uns kritisiert. Nur so war jedoch gewährleistet, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter näher zusammen arbeiten können. Führungskräfte und Mitarbeiter sind in nicht wenigen Fällen nicht mehr täglich am gleichen Dienstort zugegen. Eigenverantwortung ist daher unumgänglich und damit einhergehend ein liberalerer Führungsstil. Der einzelne Mitarbeiter muss in unserer Verwaltungskultur mehr Wertschätzung, mehr Eigenverantwortung und nicht zuletzt einen höheren Stellenwert erhalten. Wir sehen gerade in diesen sensiblen Bereichen Defizite, die einer Nachbesserung bedürfen.

Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Jung
stellv. Vorsitzender